Schon früh hat Christoph Matulke seine Berufung, Menschen helfen zu wollen, gefunden. In seiner Kinder- und Jugendzeit besuchte er verschiedene Freikirchen und arbeitete aktiv dort mit. Seit über 20 Jahren ist er Vorsteher bei DCG. Im Interview spricht er über die Bedeutung von Glaubensgemeinschaften, darüber, wie er persönlicher Christ wurde und was ihm in der Arbeit mit Menschen wichtig ist.
Es ist Anfang August, kurz vor seinem 70. Geburtstag. Christoph kommt gerade von einem seelsorgerischen Gespräch. Sein Terminkalender ist dicht befüllt. Nicht etwa beruflich – vor einem Jahr hat er einen Großteil seiner Tätigkeit an seinen Nachfolger übergeben. Die gemeindliche Arbeit und die Seelsorge sind seine eigentliche Berufung. Mit der Zeit ist auch sein Wirkungskreis gewachsen: Mehrmals im Jahr reist Christoph nach Polen, Bulgarien und weitere Länder, um den Menschen das Evangelium zu verkündigen und die dortigen Gemeinden zu unterstützen.
Warum er seine Freizeit, ja sein Leben, für Gott investiert, darauf kommt er später zu sprechen. Berührungspunkte zum Glauben hatte er schon immer – Christoph erzählt, dass er in einem christlichen Zuhause aufgewachsen ist:
Meine Eltern haben bei sich Hauskreise veranstaltet und haben uns Kinder auch zu verschiedenen Glaubensgemeinschaften mitgenommen – beispielsweise zu der Süddeutschen Gemeinschaft oder zu Evangelisationsveranstaltungen. In meiner Jugendzeit war ich regelmäßig im EC-Jugendbund (Entschieden für Christus) in Bühlenhausen, da und auch mehrere Jahre in der Jugendarbeit tätig. Dadurch bin ich schon früh mit Christen aus verschiedenen Glaubensgemeinschaften in Kontakt gekommen, beispielsweise der Ecclesia oder der Volksmission. Und bis heute habe ich zum Teil noch intensiven Kontakt, beispielsweise zu Leitern der Ecclesia.
Wann bist du selbst persönlicher Christ geworden?
Bekehrt habe ich mich mit 13 Jahren bei der DCG auf einer Jugendkonferenz, war aber weiterhin in verschiedenen christlichen Gruppen aktiv.
Als ich etwa 16 Jahre alt war, erlebte ich, dass der Glaube an die Hoffnung des Evangeliums in meinem Herzen geboren wurde. In einem Gottesdienst sprach Sigurd Bratlie von der heutigen BCC über den Vers aus Matthäus 5,41: „Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm“. Damals konnten die Römer von ihren Untergebenen verlangen, ihr Gepäck eine Meile zu tragen. In seiner Auslegung sagte er: ‚Wenn Jesus gesagt hat, wenn dich jemand zwingt, eine Meile zu gehen, dann gehe zwei mit ihm – dann spürst du Widerstand in deinem Inneren. Aber wenn du diesem Widerstand überwindest und die zweite Meile gehst, dann bist du frei!‘
Da ging das Evangelium für mich auf, dass es bei Jesu Nachfolge darum geht, seinen Eigenwillen – der Gottes Willen entgegensteht – aufzugeben.
Ich wurde so froh in meinem Herzen. So froh, dass ich wünschte, alle Gläubigen würden das verstehen.
„Die Berufung eines Gemeindedieners wächst daraus, dass man Menschen dienen möchte – und das war immer mein Ziel.“
War das der Grund, dass du deine Berufung, mit Menschen zu arbeiten, gefunden hast?
Als ich ungefähr 15 Jahre alt war, ist etwas aufgewacht in mir. Dann habe ich angefangen, mit Jüngeren zu arbeiten und mit ihnen etwas zu unternehmen, weil ich den Wunsch hatte, ihnen zu helfen, so glücklich zu werden wie ich.
Einige Jahre später, mit 18 oder 19 Jahren, war ich auf einer Jugendfreizeit. Soweit ich mich erinnern kann, war das Thema, ein Diener Gottes zu werden.
Nach dieser Freizeit war ich alleine spazieren und hatte eine Art Gespräch mit Gott. Das war ein starkes Erlebnis für mich. Seitdem habe ich mich ganz bewusst in Gottes Dienst gestellt.
Hast du jemals daran gedacht, Gemeindeleiter zu werden?
Das war nie mein Ziel in diesem Sinne. Die Berufung eines Gemeindedieners wächst daraus, dass man Menschen dienen möchte – und das war immer mein Ziel. In dem Maß der Reife findet man seine Aufgabe und gewinnt Vertrauen. Die Bestätigung erfolgt durch Akklamation und formal durch den geistlichen Vorsteher.
Meine Frau und ich waren viele Jahre in der Jugendarbeit tätig, schon bevor das einen offiziellen Rahmen hatte. Beinahe jeden Sonntag hatten wir über viele Jahre Jugendliche zu Gast bei uns Zuhause. Sie kamen zum Reden, um zusammen zu sein, oft bis in die Nacht. Das war eine intensive Zeit, aber auch eine sehr wertvolle. Später habe ich die geistliche Leitung für DCG Hessenhöfe übertragen bekommen.
So eine Aufgabe bringt ja auch viel Verantwortung mit sich.
Ja. Daher bin ich sehr dankbar für die wertvolle Zusammenarbeit mit den Schwestern und Brüdern. Alle Entscheidungen, die in der Gemeindearbeit getroffen werden, sprechen wir in Gemeinschaft ab, das heißt mit den Gemeindedienerinnen und -dienern, die Mitverantwortung haben.
„Das ist ein Geheimnis, und da bin ich immer noch am Lernen – die Menschen anzunehmen, wie sie sind und sie lieben, wie sie sind.“
Was ist dir im Zusammenhang mit der Arbeit mit Menschen wichtig?
Wenn man mit Menschen zu tun hat, und man möchte ihnen weiterhelfen, vor allem geistlich weiterhelfen, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass man sie bedingungslos liebt.
Paulus schreibt in einem seiner Briefe ‚So nehmet nun einander an‘. Wenn man sich von jemandem angenommen fühlt, kann diese Person einem alles Mögliche sagen, das wird man nicht schief auffassen. Das ist ein Geheimnis, und da bin ich immer noch am Lernen – die Menschen anzunehmen, wie sie sind und sie lieben, wie sie sind.
Und es gibt nichts Größeres, als Gottes Wort zu verkündigen, und zwar so, dass es in die Herzen fällt, so dass es da drin wirklich funkt. Dann sind sie gerettet.
DCG hat eine stetig wachsende Mitgliederzahl, aber selbstverständlich entscheiden sich manche auch anders, das erleben ja alle Glaubensgemeinschaften. Was denkst du darüber?
Ja, natürlich. Aber wenn man die DCG verlässt, muss man nicht den Glauben an Gott verlassen. Man verlässt ja nicht seinen Schöpfer, sondern kann weiterhin Christ sein. Das habe ich Menschen in der Seelsorge auch mitgegeben. Und auch das: nicht zu denken, dass die Ursache für Herausforderungen oder Schwierigkeiten im weiteren Leben nicht darin liegt, dass sie die Gemeinde verlassen haben!
„Daher bin ich froh, dass wir uns in den letzten Jahren bei DCG entwickelt haben, was den ökumenischen Gedanken und die Zusammenarbeit mit anderen Glaubensgemeinschaften betrifft“
Man kann ja auch eine andere Gemeinde finden. Ein Leben mit Jesus zu führen, hängt nicht unbedingt von einer bestimmten Organisation ab.
Ja, ich hatte zum Beispiel mal ein Gespräch mit einem Jugendlichen; er kam irgendwann auf mich zu und meinte, dass er die Verkündigung bei der DCG als hart empfände. Daraufhin habe ich ihm geraten, einfach mal andere Gemeinden zu besuchen. Wenn er nur eine geistliche Heimat fände, freue ich mich. Das hat er gemacht und wurde in einer anderen Glaubensgemeinschaft ein aktiver Jugendarbeiter.
Ich glaube, dass verschiedene christliche Gruppen ihre Aufgaben haben und diese jeweils in ihrem Verständnis des Evangeliums wahrnehmen. Sie gehören zu Gottes Volk und Gottes großer Haushaltung. Es gibt Nadelbäume und Laubbäume und sie unterschieden sich untereinander – nicht einmal ein Blatt an einem Baum gleicht dem anderen. So haben auch verschiedene Gemeinden unterschiedliche Aufgaben und nicht alle Aufgaben liegen selbstverständlich in einer Gemeinde, also beispielsweise bei der DCG. Wenn sich Menschen aufrichtig zu Christus bekehren, können sie ja herausfinden, wo sie am meisten geistliche Hilfe bekommen.
Trotz unterschiedlicher Aufgaben und Schwerpunkte gibt es doch viele Gemeinsamkeiten?
Die Gemeinsamkeiten überwiegen. Menschen zu helfen, dass sie sich zu Jesus Christus wenden, ist eine gesegnete Arbeit, und das werde ich immer unterstützen, egal in welchem christlichen Kreis.
Und genauso wichtig finde ich es, gemeinsam mit den anderen Gemeinschaften die christlichen Werte in unserer Gesellschaft zu vertreten und für diese einzustehen. Daher bin ich froh, dass wir uns in den letzten Jahren bei DCG entwickelt haben, was den ökumenischen Gedanken und die Zusammenarbeit mit anderen Glaubensgemeinschaften betrifft und wir wollen auch in Zukunft unseren Beitrag dafür leisten.