„Man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen!“ – Diese, bis heute übliche Redewendung stammt aus der Luther-Bibel. Und ich bin überzeugt, dass mein Glaube an Jesus und die regelmäßige Lektüre der Luther-Bibel von Kindheit an mein Leben entscheidend geprägt haben.
Ein Kommentar von Dietrich Huemer
Martin Luther hat eine Unmenge an Texten produziert. Im Zuge seiner ständigen theologischen Auseinandersetzungen entstanden unentwegt Debatten und Predigten, er produzierte neben seiner Bibelübersetzung und bekannten Schriften wie „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ oder dem „Sendbrief vom Dolmetschen“ (1530) sozusagen am laufenden Band Vorlesungsmanuskripte, Bibelauslegungen, Disputationsthesen, Polemiken, ironische Statements, Tischreden, Trostbriefe, Katechismen, theologische Traktate und sogar Fabeln.
Zurzeit jährt sich das Jubiläum von Luthers Bibelübersetzung auf der Wartburg bei Eisenach in Thüringen zum 500. Mal. Wie wir aus der Historie wissen, musste sich der Reformator – verfolgt von der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit – fast ein Jahr lang auf der Wartburg verstecken: Im Jahre 1522 übersetzte er dort das Neue Testament. Jahre später, 1534, folgte die Übersetzung des Alten Testaments und mit dieser allgemein verständlichen Bibelübersetzung legte er den Grundstein für unsere heutige Verwendung der deutschen Sprache.
Historische Fakten
Die historisch relevanten Ereignisse bei der Entstehung des Protestantismus sind allgemein bekannt und rasch aufgezählt:
- Verbreitung seiner 95 Thesen im Jahre 1517
- Luthers entschiedenes Auftreten und sein Kampf gegen die Unsitte des Ablasshandels.
- seine Unbeugsamkeit, vor kirchlichen und weltlichen Behörden – trotz ständiger Drohungen – gegen die Überzeugung seines Gewissens und gegen die Aussagen der Heiligen Schrift zu handeln.
- Schließlich die päpstliche Bannbulle gegen Luther, er wird exkommuniziert, seine Schriften werden öffentlich verbrannt. Luther wiederum verbrennt seinerseits öffentlich die päpstliche Bannbulle.
- Luther soll seine Lehren vor dem Wormser Reichstag 1521 widerrufen, doch er will abermals seinem Gewissen folgen, berühmt ist sein angeblicher Ausspruch: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders. Amen“.
- Luther wird als Ketzer mit der sogenannten „Reichsacht“ bestraft und für vogelfrei erklärt.
- Trotz Zusicherung für freies Geleit wird Luther vom sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen, der ihm sehr wohlgesonnen war, zum Schein entführt und in Eisenach auf die Wartburg gebracht und vor seinen Gegnern versteckt.
Der ehemalige Mönch und Theologieprofessor Luther wollte ursprünglich keine eigene Kirche gründen, die hier skizzierten Ereignisse und Vorfälle führten letztendlich jedoch unweigerlich zur Entstehung bzw. Abspaltung der evangelisch-lutherischen Kirche.
Mein persönliches Verhältnis zu Martin Luther
Ich bin in einer betont lutherisch-evangelischen Familie aufgewachsen, die wiederum in eine große evangelische Ortsgemeinde eingebettet war (Gmunden in Oberösterreich). Der regelmäßige Gottesdienstbesuch am Sonntag einschließlich meines Mitwirkens im Kirchenchor war obligatorisch, und soweit ich mich zurückerinnern kann, habe ich den sonntäglichen Predigten immer mit großem Interesse gelauscht.
Unvergesslich die Lieder aus dem evangelischen Kirchengesangbuch, insbesondere die kräftigen und sprachgewaltigen Lieder Martin Luthers, die ich mit Inbrunst und Hingabe gesungen habe: „Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen; er hilft uns treu aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen.“ Und weiter in der zweiten Strophe: „Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren; es streit’t für uns der rechte Mann, den Gott selbst hat erkoren. Fragst du, wer der ist? Der heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott; das Feld muss er behalten!“
Rückblickend bin ich überzeugt und Gott dankbar für diese Beeinflussung in einer lebendigen evangelischen Gemeinde von frühester Kindheit an. Die zentrale Aussage Luthers in der dritten Strophe hat sich wohl schon damals tief eingegraben in meinem Herzen und Unterbewusstsein: „Das Wort sie sollen lassen stahn und kein’n Dank dazu haben!“ Der feste Glaube an Gottes Wort als die einzige Richtschnur und letzte Autorität in meinem Leben wurde wohl in diesen Jahren meiner frühen Kindheit und Jugendzeit gelegt.
Luther und seine Bedeutung für die neuhochdeutsche Sprache
Seinen Maßstab für eine verständliche Sprache hat Luther im „Sendbrief vom Dolmetschen“ so formuliert: „Man muss die Mutter im Haus, die Kinder auf der Gassen, den einfachen Mann auf dem Markte drum fragen und den selbigen auf das Maul sehen, wie sie reden…„
Luther wird sogar als „genialster Sprachschöpfer aller Zeiten bezeichnet, er bevorzugte zum Beispiel die Alliteration (den Stabreim) als Stilmittel, zum Beispiel „Schmach und Schande“, „Leib und Leben“, „fressendes Feuer“ usw. Viele seiner Sprachbilder sind bis heute gebräuchlich wie Herzenslust, Ebenbild, Nächstenliebe, Schandfleck, Gewissensbisse und viele andere.
Unzählige Metaphern gehen auf ihn zurück: Ein Herz und eine Seele, auf eigene Faust, der große Unbekannte, ein Buch mit sieben Siegeln, im Dunkeln tappen, auf Sand bauen usw.
Typische Sprichwörter aus dem Volksmund wurden durch ihn zu gebräuchlichen Redewendungen: „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“ – „Recht muss Recht bleiben.“ – „Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.“- „Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis und tanzt.“
Die Deutsche Welle hat es in einem Artikel über 13 Luther-Zitate folgendermaßen ausgedrückt: “Niemand hat die deutsche Sprache so nachhaltig geprägt wie Martin Luther (1483 – 1546). Vor allem mit der Übersetzung der Bibel aus dem griechischen Grundtext ins Deutsche gelang ihm der große Coup. Er wollte, dass jeder die Bibel auf Deutsch lesen und verstehen kann. Deshalb wählte er eine leicht verständliche und bildhafte Sprache. Sogar neue Wörter schuf er, wenn es keine passenden gab. Mehr als 300 Begriffe, umgangssprachliche Redewendungen und Sprichwörter werden noch heute verwendet.
Zum Beispiel Morgenland, Lückenbüßer, Machtwort, Lästermaul, Feuereifer, der Stein des Anstoßes sein, Perlen vor die Säue werfen, sein Licht unter einen Scheffel stellen, Hochmut kommt vor dem Fall…“
Ein großes Vermächtnis
Die Lutherbibel ist das bekannteste Werk des Reformators, doch Luther brachte in seinem Leben weit mehr zu Papier: Bücher, Bibelkommentare und fast 2600 Briefe. All das umfasst 127 Bände und rund 80.000 Seiten Schrift. Durch dieses umfangreiche Werk ist er der am besten dokumentierte Mensch des Mittelalters.
In diesem Gedenkjahr, wo wir besonders der Bibelübersetzung auf der Wartburg gedenken, versuche ich, kritikwürdiges Verhalten im Leben Luthers eher auszuklammern, wiewohl es auch dazu – aus Gründen der Objektivität – einiges zu sagen gäbe – etwa seine ambivalente Einstellung zu den Hexenverbrennungen, seine Hassschriften gegen die Bauern, die in der Reformation Hoffnung für ihre ureigenen Nöte und Anliegen sahen sowie seine antisemitischen Aussagen.
Luthers überragende Bedeutung jedoch als Reformator in christlicher Hinsicht und Bibelübersetzer sowie als Schöpfer der bis heute gebräuchlichen deutschen Sprache ist jedoch unumstritten und einzig dastehend!
Ein Kommentar von Dietrich Huemer