Im Mai 2004 hat der internationale Gemeindevorsteher Kåre J. Smith im Gemeindeblatt „Verborgene Schätze“ einen Artikel zum Thema „Kindererziehung und Fürsorge“ geschrieben, den wir angesichts der aktuellen Debatte um die Papstaussage hier in voller Länge veröffentlichen.
Über Kindererziehung und Fürsorge/ Gegen Bestrafung/ Kindesmisshandlung
Die Ansicht sowohl der Allgemeinheit als auch der Behörden bezüglich Kindererziehung hat sich im Laufe der Zeit immer wieder geändert. Auch innerhalb der verschiedenen Glaubens- und Kirchengemeinschaften hat es – sowohl innerhalb eines Landes als auch innerhalb verschiedener Kulturen – unterschiedliche Ansichten darüber gegeben, wie Kinder erzogen werden sollen.
Dies sehen wir sehr deutlich daran, dass z.B. in Norwegen bereits 1987 ein Gesetz verabschiedet wurde, das die körperliche Bestrafung von Kindern verbot, während in den Niederlanden erst im Jahr 2002 ein Gesetzesvorschlag im Parlament eingebracht und abgelehnt wurde, der etwa folgenden Wortlaut hatte: Eltern sollen sich bei der Erziehung jeglicher Form von physischer oder psychischer Gewalt gegenüber Kindern enthalten … Dies bedeutet, dass physische Bestrafung in den Niederlanden nicht verboten ist, wenn eine solche Strafe als „pädagogisches Hilfsmittel in der Kindererziehung” betrachtet werden kann. Unter den Ländern in Europa, die ein solches Gesetz überhaupt nicht haben und anscheinend auch nicht vorhaben, in absehbarer Zeit ein solches einzuführen, ist zum Beispiel Frankreich.
Alle, die Kinder erziehen, werden sowohl von der Auffassung, die in dem Land herrscht, in dem man wohnt, von der Zeit, in der man lebt, als auch von dem Lebensabschnitt, in dem man Kinder erzieht, beeinflusst. Beim Thema Kindererziehung „streiten sich die Gelehrten“ – von dem einen Extrem, bei dem man eine ganz freie Kindererziehung ohne Grenzen empfiehlt – bis zum anderen Extrem, enge Grenzen zu setzen, die fast nicht einzuhalten sind, um danach das Kind auf die eine oder andere Weise zu bestrafen, wenn diese Grenzen überschritten werden.
Die Christliche Gemeinde (DCG), entstand mit der Bekehrung von Johan Oscar Smith im Jahr 1898. Er diente 40 Jahre lang in der norwegischen Marine. Er und seine Ehefrau Pauline hatten selbst 6 Kinder, wovon eines sehr behindert war. Sein jüngster Sohn Helge Anker Smith (geb. 1918) lebt heute noch.
Wenn man die Monatszeitschrift Skjulte Skatter, die seit 1912 das Hauptorgan der Christlichen Gemeinde ist, und die Briefe von Johan Oscar Smith durchgeht, stellt man fest, dass in nur 50 der insgesamt 1.134 Artikel und Briefe, die er geschrieben hat, das Wort Zucht vorkommt. In 15 Artikeln taucht das Wort Strafe auf. Das Wort Kindererziehung ist nie in seinen Schriften zu finden. In fünf seiner Artikel/Briefe kommt das Wort Rute vor, jedoch nie in Verbindung mit Kindern oder Kindererziehung. Solche Worte verwendete er im Zusammenhang mit Gottes Zucht durch sein Wort.
Eine geborgene Kindheit
Seine Kinder selbst erzählen von einer Kinder- und Jugendzeit, in der sie geborgen aufwuchsen und fürsorgliche Liebe erfuhren. Sie bekamen Anleitung durch Ermahnung und Fürsorge. Dies prägt auch die Lehre von Johan Oscar Smith sowie die Verkündigung, für die sein Sohn Aksel J. Smith mehr als 60 Jahre lang verantwortlich war und die er in der DCG weiterführte.
Das Wort Kindererziehung kommt in Skjulte Skatter in 18 Artikeln vor. Den folgenden Abschnitt des Berichts von der Osterkonferenz 1971 möchten wir hier zitieren. Referent Aksel J. Smith:
Wenn wir ermahnen, so müssen wir in aller Güte ermahnen. Wenn wir in der Kindererziehung oder auch sonst Fehler gemacht haben, so ist es gut, wenn wir diese erkennen können, solange noch Gnadenzeit ist, damit wir danach weich und gütig sein können.
Die moderne Kindererziehung will Zucht und Ermahnung verbannen. Die Kinder sollen Persönlichkeiten werden indem sie auf diese Weise wild aufwachsen. Das ist eine ebenso große Torheit wie zu glauben, dass man große und schöne Mohrrüben bekommt, ohne zu jäten und zu gießen. Die Torheit dieser Welt ist in allen Richtungen groß und am größten unter denen, die sich dünken, weise zu sein.
In der Gemeinde wachsen wir in Zucht und Ermahnung auf, und das ist wahrer Trost. Da werden wir verwandelt von einer Herrlichkeit zur andern.
In der Kindererziehung ist es von allergrößter Bedeutung, dass ein besonders gutes Verhältnis zwischen Vater und Mutter besteht. Die Kinder sollen im Sonnenschein der Liebe aufwachsen. Es steht geschrieben, dass der eine pflanzt, der andere begießt, aber Gott das Gedeihen gibt. Wie verhalten wir uns, wenn die Kinder z.B. von der Kinderstunde, in der Gottes Wort in sie gepflanzt wurde, heimkommen? Sind wir wie ein trockener Wind, oder helfen wir mit, das zu begießen was gepflanzt wurde? Lasst uns die guten Triebe behüten und begießen und das andere ausjäten.
So können wir fortsetzen und in den mehr als 9.500 Artikeln und Briefen, die in der Schriftenreihe Skjulte Skatter oder in der Literatur des Skjulte Skatter Verlags seit seiner Gründung im Jahr 1912 herausgegeben worden sind, nach „provozierenden” Worten suchen, die mit Zucht, Rute und Kindererziehung im Zusammenhang stehen. Doch wir finden erstaunlich wenige Artikel, in denen solche Worte überhaupt vorkommen.
Dagegen kommt im Vergleich das Wort gut in mehr als 1.850 Artikeln vor, das Wort lieben in mehr als 960 Artikeln und das Wort Freude in über 2.100 Artikeln.
Der Schwerpunkt der Verkündigung der christlichen Gemeinde
Daran sehen wir, dass der Schwerpunkt in der Verkündigung der Christlichen Gemeinde nicht die Kindererziehung gewesen ist. In der Christlichen Gemeinde wird sowohl in Schriften als auch in Reden in erster Linie dahingehend gearbeitet, die Leser und Zuhörer zu unterweisen, ihren Ehepartner und ihre Kinder zu lieben – genauso wie auch Paulus dazu auffordert. Als in Norwegen 1987 das Gesetz eingeführt wurde, das die physische Bestrafung von Kindern verbot, sagte Sigurd Bratlie, der sein ganzes Leben lang einer der Hauptverantwortlichen für DCG war, ungefähr Folgendes: Dies ist ein gutes Gesetz für die Kinder, denn die meisten Erwachsenen züchtigen die Kinder, weil sie selbst zornig sind – und dann schlagen sie die Kinder. Sie haben selbst keine Kontrolle über ihre eigene Gereiztheit und ihren eigenen Zorn. Ein solches Gesetz wird die Kinder vor vielen Leiden schützen. Es wird auch viele Erwachsene davon abhalten, sich im Zorn und Ärger ernsthaft an den eigenen und Kindern anderer Familien zu vergehen.
Wir hörten Sigurd Bratlie im Zusammenhang mit Kindererziehung und Züchtigung nie von körperlicher Bestrafung reden. In seinem Traktat „Wir und unsere Kinder” von 1969 gibt er ganz im Gegenteil folgende Richtlinien für eine gute und gesegnete Kindererziehung:
Kommt ein Kind in einer Familie zur Welt, so ist das ein Sonnenstrahl vom Himmel. Das spürst du deutlich, wenn das Kind zu lächeln beginnt. Wenn dich das Kind anlächelt, dann spürst du, dass es eine Wärme ausstrahlt. Es herrscht kein Kampf gegen das Böse. In diesem Lächeln liegt Ruhe und Frieden. Trotzdem hat das Kind die böse Natur von den Vätern geerbt. Es dauert nicht lange bis der Kampf beginnt. Nun geht es darum, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen, damit die Kälte die Wärme nicht besiegt und dein Lächeln dem Kind gegenüber nicht verschwindet. Denn sonst lächelt das Kind auch nicht mehr zurück, und dir fehlt dieses Kinderlächeln, das deinem Herzen so gut tat – und das Kind wird scheu. Dann hast du nicht verstanden, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen.
Die Christliche Gemeinde hat schon immer daran gearbeitet, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine gute, gesegnete und geborgene Lebensqualität zu vermitteln. Doch es gibt – wie in vielen anderen Vereinigungen und Gruppierungen, Kirchen und Glaubensgemeinschaften – Menschen, die nicht daran interessiert sind, so zu leben wie sie lehren. Darum hat es leider auch unter uns in DCG Menschen gegeben, die nicht entsprechend dieser Hauptbotschaft, die in DCG das ganze vorige Jahrhundert hindurch in Schriften und Reden verkündigt worden ist, leben wollten oder so zu leben wünschten. Einzelne Personen haben sogar selbst Traktate und Bücher geschrieben, die in direktem Widerspruch zu dem stehen, was Johan Oscar Smith und seine Mitarbeiter lehrten – und haben versucht, ihre Schriften über den Skjulte Skatter Verlag herauszugeben. Einige waren beleidigt und verließen nach einigen Jahren unsere Gemeinde, als sie für ihre Theorien und Anschauungen kein Gehör fanden.
Nicht zuletzt gab es zu Beginn der 90er Jahre viele solcher Menschen, die mit der Gemeinde etwas anderes beabsichtigten als die Verantwortlichen seinerzeit oder wir, denen die Verantwortung übergeben worden ist. Über einzelne dieser Personen wurde sowohl in Norwegen als auch im Ausland in den Medien viel berichtet, und es wurde viel über „Spaltung bei DCG” geschrieben worden. Die Zeit hat etwas anderes bewiesen. Die Gemeinde hat wohl noch nie ein derartiges Wachstum und eine solche Entwicklung gehabt, wie wir sie in den letzten 10-15 Jahren erlebt haben. Es ist jedoch interessant, wenn man sieht, dass eben diese Reden, Verkündigung, Briefe und Bücher von einzelnen dieser Leute Nährboden für ein Lebensverständnis mit einer dazugehörigen Kindererziehung gewesen ist, welches sich wirklich als borniert und engstirnig herausgestellt hat – eine völlig andere Lebensanschauung als die damaligen und heutigen Leiter sowie Hauptverantwortlichen hatten und noch haben. Jetzt verstehen wir auch deutlicher, warum manche uns vor einigen Jahren verlassen haben: Die Botschaft von Güte, Fürsorge und Wärme, Liebe und Milde war nicht die tragende Kraft in ihrem Leben und ihrer Verkündigung.
Leider erleben wir, dass ab und zu auf die Verkündigung dieser Menschen verwiesen wird, wenn in den Medien – sowohl in Norwegen als auch in Mitteleuropa – darüber geredet wird, was die DCG über Kindererziehung lehrt. Von dieser Perspektive aus betrachtet sind wir mehr denn je froh darüber, dass solche sich freiwillig entschieden haben Die Christliche Gemeinde zu verlassen. Ihre Lehre, Gedanken und Verkündigung in Schriften und Reden waren in keiner Weise mit dem vereinbar, was die DCG seit der vorigen Jahrhundertwende vertreten hat und wofür sie in unserer modernen Zeit steht.
Wir, die wir heute die Verantwortung für Die Christliche Gemeinde haben, bauen auf dem weiter, was Johan Oscar Smith lehrte. Dies ist auch in unseren Satzungen verankert. Sehr früh hatte er eine klare Schau ohne Vorurteile bezüglich der Gleichberechtigung der Frauen, der Stellung der Frau in der Gemeinde, der Kindererziehung und nicht zuletzt in Bezug auf Spiel, Sport und Aktivitäten für und mit Kindern und Jugendlichen. Dieses Erbe kommt den Heranwachsenden unserer Gemeinde heute sehr zugute, was sich in der überwältigenden Mehrzahl von Kindern und Jugendlichen, die unsere Versammlungen besuchen und an unseren Konferenzen im In- und Ausland teilnehmen, widerspiegelt. Paulus ermahnt einen jeden, darauf zu achten, wie er weiterbaut (1. Kor. 3,10). In Vers 16 und 17 hebt er hervor, dass der Mensch Gottes Tempel ist und dass dieser Tempel nicht verdorben werden darf. Kinder zu missbrauchen oder zu misshandeln – physisch oder psychisch – bedeutet, Gottes Tempel oder Gottes Eigentum zu verderben. Denn laut Jesus gehört den Kindern das Himmelreich. Darum arbeiten wir in der DCG aktiv daran – gleichgültig an welchem Ort der Welt wir sind und ungeachtet der Kultur und des jeweiligen Hintergrundes – dass die Kinder und Jugendlichen es gut haben und sich geborgen fühlen sollen, während sie gleichzeitig lernen, gute Werke zu tun und dadurch gute und für die Gesellschaft nützliche Bürger werden. Für etwas anderes haben DCG und ihre Leiter nie gearbeitet.
Sollten strafbare, kriminelle Handlungen vorkommen – wie z.B. Diebstahl, Sachbeschädigung, Mord, Pädophilie, Inzest, Gewalt und Misshandlung – so hält es die Leitung von DCG für richtig und notwendig, wenn die öffentliche Behörden, wie Polizei und Justiz, diese Vorkommnisse untersuchen. Die Leitung von DCG hat Vertrauen in die professionelle Bearbeitung dieser Angelegenheiten durch diese Behörden und respektiert selbstverständlich deren Entscheidungen – nicht zuletzt deshalb, weil für die Leitung der DCG die Interessen des Opfers in solchen Fällen sehr schwer wiegt. Sollten die öffentlichen Behörden in Angelegenheiten, in denen Mitglieder von DCG involviert sind, eine Zusammenarbeit mit der DCG wünschen, so ist es für die Leitung von DCG selbstredend, mit ihnen auf eine professionelle Weise zusammenzuarbeiten.
Hilfe bei Konflikten
Im Übrigen hat DCG seit 1996 ein Team mit fachlicher Kompetenz bei verschiedenen Arten von Familienkonflikten und zur Beratung bei verschiedenen Problemsituationen im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit, aufgebaut. Dieses Vorgehen deckt sich auch mit einer UN-Resolution (WHA 50.19), die einen Dreijahresplan für Maßnahmen bezüglich Gewalt und Gesundheit beinhaltet und im Mai 1997 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen wurde.
Das Team der DCG hat in mehr als 80 Gemeinden in 17 Ländern über die natürliche Entwicklung vom Säugling bis zum Jugendlichen, über verschiedene Formen von Gewalt und Misshandlung sowie über psychische Gesundheit informiert und Kurse und Seminare abgehalten.
Das Ziel von DCG besteht darin, in unseren Tagen mit Weisheit an Gottes Bauwerk mit den Herausforderungen, die unsere Zeit mit sich bringt, wie z.B. Medien, Fernsehen, Computer, Internet und allen anderen guten wie schlechten Einflüssen, weiterzubauen. Den richtigen Umgang mit diesen Dingen können wir unsere Kinder niemals lehren, indem wir sie im Zorn und in Gereiztheit schlagen oder ihnen auf andere Weise Böses antun. Jesus lehrte die Menschen, zwischen Gut und Böse zu wählen. Es ist auch unsere Aufgabe, die Kinder in unserer Zeit darin zu unterweisen!